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tennispro

Helmut Plieth
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Beinarbeit

In nahezu sämtlichen Bereichen tennisspezifischer Ansichten gibt es Widersprüche und Einwände. Jeder, der sich mit dem Unterrichten vom Tennis abgibt, hat die Möglichkeit seine Methoden einer Praxistauglichkeit zu unterstellen. Ich behaupte keineswegs, dass andere Erfahrungen nicht ebenfalls zum Erfolg führen können.  Konservative Methoden zu hinterfragen kann zu schnellerem Erfolg führen, was allerdings zu beweisen wäre. Unter “korrekter Fuss-Stellung verstehe ich bei der Vorhand eines Rechtshänders das Körpergewicht auf den  linken Fuss und bei der Rückhand auf den rechten Fuss.

Grosse Altmeister des Tennis betonen, dass der Spieler - wann immer möglich - versuchen muss in einer korrekten Fuss-Stellung an den Ball zu gelangen. Das gesamte Training muss in jeder Phase auf diese Maxime ausgerichtet werden. Der durchschnittliche Tennisspieler  sollte 95% aller Bälle auf den richtigen Fuss stehend schlagen. Zu oft wird der Ball in einer frontalen – man spricht von offener – Stellung nur deswegen geschlagen, weil der Spieler zu bequem ist oder die nötige Kondition fehlt.
Das heutige Tennisspiel wird durch neuere Materialien bei der Schlägerkonstruktion immer schneller, somit athletischer und facettenreicher. Nur mit rationeller, durchdachter Beinarbeit kann diesem Geschwindigkeitsvorteil des schlagenden Spielers begegnet werden.


Aufgaben der Beinarbeit

  1.     Sie muss den Spieler auf kürzestem, schnellstem und kräftesparendstem Weg in
        eine günstige Schlagposition bringen.
  2.     Der letzte kleine Schritt ist für die optimale Distanz zum Ball entscheidend.
        Die seitliche Bewegung (Schrägzug des Körpers) muss in dieser Phase bereits beendet sein.
  3.     Während des Schlages müssen die Füsse gut verankert und der Körper möglichst
        sauber ausbalanciert sein und trotzdem in einer Vorwärtsbewegung sein, damit der Ball solange
        wie möglich nach vorne begleitet werden kann. Die Gewichtsverlagerung vom hinteren
        auf das  vordere Bein verleiht dem Schlag den nötigen Druck.
  4.     Vor allem bei Angriffsbällen wird das Körpergewicht so vom hinteren auf das vordere
        Bein verlagert, dass der vordere Fuss den Boden nahezu zeitgleich mit  dem Auftreffen
        des Balles auf die Saiten berührt (dynamische Beinarbeit).
  5.     Nach dem Schlag muss man sofort zur Platzmitte zurück (Decken des Platzes),
        und zwar seitwärts hüpfend, den Gegner und den Ball immer im Auge behaltend.
        Man darf sich dabei also nicht einfach umkehren und zur Mitte zurück laufen,
        sonst wird man vom Gegner „auf den falschen Fuss“ erwischt.

Nur in der parallelen Stellung zur Flugbahn des Balles wird das eigene Körpergewicht die Schlagwirkung unterstützen. Eine echte Unterstützung in Sachen Präzision und Druck. Diese Stellung wird häufig als korrekt bezeichnet, diese Bezeichnung ist aber eigentlich falsch. Präziser ausgedrückt: die Schlag-Reaktion ist auf diese Weise rationeller, weil weniger Kraft aufwendend.
Mit in diesem Sinne erarbeiteter Beinarbeit wird der Laufrhythmus gleichmässiger und dadurch auch effizienter. Lange Ballwechsel wirken weniger kräftezehrend. Weniger Kraft raubend heisst: ökonomischere Bewegungsmuster erzielen besseren  Konzentrationsresultate. Nur bei bester Konzentrationsfähigkeit sind die entscheidenden Punkte (big points) in einem Tennisspiel zu gewinnen.
Mit dem „Magglinger ChaChaCha“ wird der Laufrhythmus bezeichnet der zu folgendem Ziel führt: Durch die genaue Beobachtung des Balles und die möglichst exakte Abschätzung des Ballfluges vor und nach Absprung des Balles wird der Spieler durch die ökonomische und rhythmische Beinarbeit in eine optimale Schlag-Position zum Ball kommen.
Nur durch die vorgängige schnelle und zeitabhängige mehr oder weniger weite Ausholbewegung mit dem Schläger, wird die optimale Schlagdistanz in Verbindung mit dem oben genannten Laufrhythmus zu einem präzisen Schlag, der mit dem entsprechenden Drall den Gegner in die gewünschten Schwierigkeiten bringt. Ergonomisch vorbildliche Bewegungen spiegeln Ästhetik wider und zeichnen sich durch erkennbare optische Leichtigkeit aus, die so langfristig gesundheitlich kaum belasten.

Widersprüche
Speziell das Thema "Beinarbeit" scheint zu recht auch für viele andere sehr zentral zu sein.
Hier nochmals einige Bemerkungen dazu aus anderer Sicht:

Wenn ich nach der richtigen Beinarbeit gefragt werde, dann kann ich ohne genauere Angaben nur eine ganz allgemeine Antwort geben (z.B. "es ist die  Beinarbeit, welche für einen bestimmten Schüler, in einer bestimmten Ausgangs-Situation und mit einer bestimmten Absicht in diesem Moment und auf dieser Unterlage die beste ist.").

Da es sehr viele unterschiedliche Schüler gibt (Unterschiede in Spielstärke,  Alter, koordinativen Fähigkeiten, körperlichen Voraussetzungen, psychischer  Kompetenz, ....), da es sehr viele unterschiedliche Ausgangs-Situationen  gibt (Ball kommt sehr langsam bis sehr schnell, von ganz links bis von ganz  rechts, von sehr weit hinten bis von ganz nah am Netz, sehr kurz bis sehr  lang, sehr flach bis sehr hoch, stark nach rechts bis stark nach links, ...  der Schüler selbst ist weit hinter der Grundlinie bis nah am Netz, noch  links oder rechts der Mitte, ...) und da es sehr viele unterschiedliche  Absichten gibt (sehr langsam bis sehr schnell, von ganz nach links bis ganz  nach rechts, von Stopp-Ball bis lang an die Grundlinie, von sehr flach bis  sehr hoch, sehr defensiv bis sehr offensiv, ....), wird es wohl auch  unzählige sinnvolle Lauftechniken, Fuss-Stellungen, Gewichtsverlagerungen,  ... geben.
Oh, dieser Satz ist zugegebenermassen etwas lange geraten, aber ich möchte auch nichts daraus streichen.

Entscheidend ist doch das ständige Abwägen von Vor- und Nachteilen  bestimmter technischer Details. Oftmals sind Meinungen oder Standpunkte  schon vor langer Zeit gemacht oder übernommen und nie mehr in Frage gestellt  worden. Ein Beispiel dazu findest Du im Punkt 5 Deiner Ausführungen nach dem  Untertitel "Aufgaben der Beinarbeit".
Kaum jemand ist seitwärtshüpfend gleich schnell, wie wenn er normal rennen würde. Das Seitwärtshüpfen beim Decken des Platzes macht also überhaupt  keinen Sinn, solange der geschlagene Ball noch nicht beim Gegner ist. Spielt jemand also eher langsam zurück, was weit weg von der Mitte, in der  Defensive, in leicht fortgeschrittener Spielstärke durchaus auch taktisch sinnvoll wäre, bleibt relativ viel Zeit, um normal in die Mitte des Platzes  zurückzulaufen, bis der Gegner den Ball trifft. Schon wieder etwas anders  sieht es aus, wenn der Gegner in der Zwischenzeit ans Netz vorgerückt ist.

Dies ist nur ein kleines Beispiel, um zu zeigen, wie schnell ein technisches  Detail wieder angepasst werden muss, wenn die Situation nur geringfügig  ändert. Genau dies macht den Tennisunterricht so spannend, dies ist zumindest meine Erfahrung. .

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